Gabeldichtringe wechseln
Wenn trotz Wäsche und Politur schon nach wenigen Kilometern die Standrohre wieder ölig und verschmutzt sind, liegt das an verschlissenen Gabeldichtringen (oft auch als Simmerringe bezeichnet).
- Gabeldichtringe am Motorrad wechseln
- Gabeldichtringe wechseln – so geht’s
- 01 – Verschlussstopfen lösen
- 02 – Gabelholme herausziehen
- 03 – Obere Gabelverschlussschraube entfernen, Gabelöl ausgießen
- 04 – Untere Gabelverschlussschraube entfernen
- 05 – Sicherungsring entfernen
- 06 – Defekten Dichtring entfernen
- 07 – Montage mit Gabeldichtring-Eintreiber
- 08 – Gabelöl auffüllen
Gabeldichtringe am Motorrad wechseln
Nur zwei Gummiringe, aber doch so wichtig: Wenn du dich wunderst, dass trotz frischer Wäsche und Politur schon nach wenigen Kilometern die Standrohre wieder ölig und verschmutzt sind, liegt das an verschlissenen Gabeldichtringen. Ein unsauberes Standrohr ist dabei das kleinere Übel, eine nicht mehr richtig arbeitende Dämpfung aber schadet der Straßenlage und am schlimmsten: Austretendes Öl kann über die Bremsanlage fließen und diese funktionsunfähig machen. Wenn eine Erneuerung ansteht, sollten die Gabeldichtringe immer auf beiden Seiten ersetzt werden.
Gabeldichtringe wechseln – so geht’s
01 – Verschlussstopfen lösen
Bevor der Vorderbau des Motorrades mit einem geeigneten Heber angehoben wird, sollten die Verschlussschrauben der Gabelrohre schon einmal gelöst werden. Dafür ist es notwendig, die Klemmungen der oberen Gabelbrücke zu lösen.
02 – Gabelholme herausziehen
Ist das Motorrad sicher aufgebockt, werden Schutzblech, Räder und Bremszangen demontiert. Es genügt, die Bremszangen mit isoliertem Draht/Kabel zur Seite zu binden, das hydraulische System muss ja nicht geöffnet werden. Du darfst ab jetzt den Bremshebel nicht mehr betätigen. Nachdem auch die Klemmungen der unteren Gabelbrücke gelöst sind, werden die Gabelrohre mit leichten Drehbewegungen nach unten herausgezogen.
03 – Obere Gabelverschlussschraube entfernen, Gabelöl ausgießen
Die Verschlussschrauben werden mittels einer Knarre und passender Nuss unter leichtem Gegendruck abgeschraubt, denn die Stopfen stehen auch noch im ausgefederten Zustand der Gabelfedern unter leichtem Druck.
Nun können evtl. vorhandene Distanzrohre, Federteller und Gabelfedern herausgenommen werden. Merke dir unbedingt die Reihenfolge und Einbaulage der entfernten Bauteile. Es ist ratsam, jedes Gabelbein einzeln zu zerlegen, um eine Verwechslung auszuschließen.
In einer geeigneten Ölauffangwanne kann alles abtropfen. Wenn eine Ablassschraube vorhanden ist, sollte diese ebenfalls entfernt werden. Mehrmaliges Ein- und Ausschieben des Standrohres beschleunigt das Ablaufen des Gabelöls.
04 – Untere Gabelverschlussschraube entfernen
Der etwas schwierigere Arbeitsschritt besteht nun darin, die Innensechskantschraube zu entfernen, welche Tauchrohr und Dämpferstange von unten her zusammenhält. Problematisch dabei ist, dass in manchen Fällen beim Lösungsversuch der Schraube die Dämpferstange mitdreht. Mit passender Nuss und zwei Verlängerungen, von oben in das Standrohr eingeführt, kann dies u. U. verhindert werden. Steht das nötige Werkzeug nicht zur Verfügung, kann hier ein vorzeitiger Zusammenbau helfen. Mit etwas Glück hindert die gespannte Gabelfeder das Dämpferrohr am Mitdrehen.
Unter der Innensechskantschraube befindet sich eine Dichtscheibe, die auf jeden Fall erneuert werden sollte. Beachte unbedingt, dass mit den verchromten Standrohren wie mit rohen Eiern umgegangen werden muss. Die kleinste Scharte im Arbeitsbereich des Dichtrings genügt, um das Standrohr zu ruinieren, denn der Ring würde nach wenigen Kilometern wieder undicht sein. Wenn das Gabelbein in einen Schraubstock eingespannt wird, dann nur am Tauchrohr, z. B. an den Aufnahmelaschen der Bremszangen. Sind alle Versuche gescheitert, hilft nur die Werkstatt, die sicherlich gegen ein kleines Entgeld die Schrauben mit einem Druckluft-Schlagschrauber löst.
05 – Sicherungsring entfernen
Nun wird der Sicherungsring entfernt, der unter der Staubkappe den Dichtring sichert. Benutze einen kleinen Schraubendreher, um die Staubkappe vorsichtig nach oben zu schieben, und entferne den Sicherungsring, indem du ihn von außen nach innen drückst und so aus seiner Nut holst.
06 – Defekten Dichtring entfernen
Ist das Tauchrohr sicher eingespannt, wird mehrmals ruckartig am Standrohr gezogen und der Dichtring rutscht, getrieben von der Führungshülse, aus dem Tauchrohr. Er kann nach oben abgezogen werden. Besitzt du eine Gabel ohne Führungshülse, wird der Dichtring beim Herausziehen des Standrohres nicht mit herauskommen. Der Ring kann dann hinterher leicht herausgehebelt werden. Soll die Gabel noch weiter zerlegt werden, z. B. zwecks Reinigung und Verschleißprüfung (min. Gabelfederlänge, Verschleiß im Tauchrohr etc.), ist unbedingt ein Reparaturbuch zu Rate zu ziehen. Oft müssen bei einer kompletten Zerlegung diverse O-Ringe und Gleitbuchsen erneuert werden. Wenn du Zweifel hast, frage unbedingt einen Fachmann, was zur korrekten Überholung an deinem Modell notwendig ist. Setze nach dem Reinigen die Gabel wieder zusammen. Die Schrauben zur Befestigung der Dämpferstangen mit neuen Kupferscheiben unten an den Tauchrohren montieren.
07 – Montage mit Gabeldichtring-Eintreiber
Bevor der neue Dichtring montiert wird, muss er etwas eingefettet werden, und zwar einmal an der äußeren Fläche, um das Hineinrutschen ins Tauchrohr zu erleichtern und dann an der Dichtlippe, um sie bei der Montage nicht zu beschädigen. Zum Einsetzen des Dichtrings kann ein passendes Rohr oder besser, ein professioneller Gabeldichtring-Eintreiber benutzt werden. Als Unterlage für die ersten Schläge dient am besten der alte Dichtring. Es sind keine großen Kräfte nötig, um den Gabeldichtring einzutreiben. Benutze auf keinen Fall scharfkantige Gegenstände, die den Ring beschädigen. Der Dichtring wird so weit eingetrieben, bis sich der Sicherungsring mit einem Schraubendreher in die Nut drücken lässt.
08 – Gabelöl auffüllen
Je nach Belieben werden die Gabelholme auf der Werkbank oder am Fahrzeug mit Gabelöl befüllt. Wir haben uns für die Auffüllung am Fahrzeug entschieden. Richtige Viskosität und exakt gleiche Mengen sind das Wichtigste (im Reparaturbuch nachlesen, ein Messbecher und evtl. ein Trichter sorgen für ein sicheres Einfüllen. Schlägt die Gabel bei starkem Bremsen durch, nützt es nichts, ein Öl mit anderer Viskosität einzufüllen! Die Ursache hierfür sind die Gabelfedern, das Gabelöl ist nur für die Dämpfung zuständig. Die angeborenen Fahrwerksschwächen so mancher Motorräder lassen sich mit Gabelfedern von z. B. Wirth beheben. Die Federn besitzen eine ABE, sie sind progressiv gewickelt und ca. 30 % härter als die Originalen. Bei luftunterstützten Gabeln kann mit Wirth-Federn sogar auf Luft ganz oder teilweise verzichtet werden, und das schont die Dichtringe.
Nachdem alle Schrauben und Muttern mit einem Drehmomentschlüssel gemäß Reparaturbuch angezogen. Die Bremse ist soweit vorzupumpen, dass die Beläge an den Bremsscheiben anliegen. Das Motorrad kann wieder abgebockt werden. Dann geht es sicher mit einem ganz neuen Fahrgefühl auf die Straße, aber prüfe nach kurzer Probefahrt, ob die Gabel dicht ist.
Das Louis Technikcenter
Solltest du eine technische Frage zu deinem Motorrad haben, wende dich gerne an unser Technik-Center. Dort hat man Erfahrung, Nachschlagewerke und Adressen ohne Ende.
Bitte beachten!
Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht für alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter Umständen erheblich abweichen, daher können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben übernehmen.
Wir danken für dein Verständnis.
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